Grünflächen in der Stadt

Grünflächen prägen Städte weltweit und sind wie diese extrem vielfältig. Während Bäume in der Stadt seit jeher als Schattenspender und Luftreiniger geschätzt werden, ist in der Öffentlichkeit kaum bekannt wie wichtig Rasen- und Wiesenflächen (s. Berg 1986) für den Natur- und Artenschutz sind, die den flächenmäßig weitaus größten Teil der Pflanzendecke im Siedlungsraum stellen. Dabei tragen alle Grünflächen, genau wie Bäume, durch Verdunstung zur Temperaturregulierung bei, fixieren CO2 und binden Feinstaub aus der Luft. Zusätzlich verhindern sie die Erosion, also das Abtragen des Oberbodens z.B. bei Starkregen. So leisten sie wertvolle Dienste für das Wohlbefinden der Menschen.

Ebenso vielfältig wie die ökologischen Funktionen der Grünflächen ist auch ihr Management. Grundsätzlich sind in unseren Breiten Wiesen nur durch regelmäßige Nutzung, wie Mahd oder Beweidung als wertvolles, artenreiches Offenland zu erhalten. Da Mähen andererseits immer die in Wiesen lebenden Tiere bedroht, gilt es abgestimmte Maßnahmen vorzunehmen (siehe "Van de Poel & Zehm 2014: Die Wirkung des Mähens auf die Fauna der Wiesen - eine Literaturauswertung für den Naturschutz" unter Literatur).

Während oft gemähte Rasen meist in stark genutzten Parks und an öffentlichen Plätzen zu finden sind, werden manche Wiesenflächen nur wenige Male pro Jahr gemäht und können sich dadurch zu naturnahen und blütenreichen Pflanzengesellschaften entwickeln. Dadurch bieten sie einer Vielzahl verschiedener Tier- und Pflanzenarten eine Zuflucht im urbanen "Gebäude-Dschungel". Manche dieser Arten sind inzwischen selten geworden, weil ihre natürlichen Lebensräume nach und nach verschwinden.

Viele der Insektenarten, die wir heute auf städtischen, extensiv gepflegten Wiesen antreffen, waren ursprünglich Bewohner von Mager- und Trockenrasen, Mähwiesen oder Feuchtwiesen. Diese Grünlandtypen sind in unserer Landschaft durch Maßnahmen zur Angleichung der Bodenverhältnisse (sog. "Melioration"), wie Entwässerung, Düngung und Bearbeitung meist einheitlichen, produktiven Wirtschaftsgrünländern gewichen. Je nach Standort lassen sich diese Vegetationstypen jedoch im Siedlungsgebiet erhalten oder sogar aus vorhandenen Rasenflächen entwickeln. Diese Ersatzlebensräume in der Stadt kommen neben den Insekten dann auch Vögeln und anderen Tieren zugute, die direkt oder indirekt von ihnen profitieren.

In Karlsruhe

begann das Garten­bau­amt bereits Anfang der 70er Jahre schritt­weise ein diffe­ren­zier­tes natur­nä­he­res Pflege­kon­zept für die Grünflä­chen zu entwickeln. Das Ziel war und ist möglichst naturnahes Grün in das Wohnumfeld zu integrie­ren, aber auch die Nutzbar­keit der Grünflä­chen (Wald, Parks, Garten- und Rasenflächen) für die Naher­ho­lung zu garan­tie­ren. Im Abgleich mit der Freizeit­nut­zung (Spazieren gehen, Sonnenbaden, Spielen) konnten so weniger stark frequen­tier­te Flächen zunehmend extensiver gepflegt werden. Einen bedeu­ten­den Anteil an der naturnahen Pflege der Grünflä­chen nehmen Rasen und Wiesen ein. Davon wurden im Jahr 1976 noch 76 Prozent der Fläche intensiv gepflegt, das heißt acht bis zwölfmal pro Saison gemäht. 2004 wurden nur noch 5 Prozent der Rasen­flä­chen so intensiv gepflegt. 32 Prozent der Flächen sind nun sogenann­te Blumen­wie­sen, die nur noch ein- bis zweimal im Jahr gemäht werden.

Durch die extensive Pflege und das Entfernen des Mähgutes ist es gelungen viele Standorten auszumagern und so mitten in der Stadt arten­rei­che, blühende Wiesen zu schaffen. Diese sind wiederum Lebensraum für viele Kleintiere, von Bienen, Hummeln und Schmet­ter­lingen über Spinnen, Eidechsen, Vögel und Kleinsäuger. Böschungen und Ränder von Gehölz­flä­chen werden teilweise nur alle ein bis zwei Jahre gemäht, um für Klein­tie­re Überwin­te­rungs­mög­lich­kei­ten und Futter für die Körner­fres­ser bereit­zu­hal­ten.

Inzwischen wurde auch für die landeseigenen Liegenschaften ein Projekt gestartet, mit dem Ziel die Artenvielfalt (nicht nur) der Schmetterlinge in den Grünflächen der Stadt zu erhöhen. Unter Beratung durch das Naturkundemuseum wurden vom Amt Karlsruhe von Vermögen und Bau Baden-Württemberg Pflegepläne aufgestellt, um Rasen in Wiesenflächen umzuwandeln.