Forschung in der Stadt

Der erst kürzlich wissenschaftlich belegte Rückgang der Insekten in Mitteleuropa kann als ein drastisches Symptom der weltweiten Biodiversitätskrise angesehen werden. Die Umwandlung von natürlichen und naturnahen Lebensräumen sowie die Intensivierung der Landwirtschaft zählen dabei zu den größten Bedrohungen der terrestrischen Biodiversität. Vor allem in unseren Agrarlandschaften ist der Rückgang an Pflanzenarten und Insekten, darunter viele Bestäuber, besonders deutlich. Dabei bilden die Artenvielfalt und die mit ihr verbundenen Ökosystemdienstleistungen die Grundlage einer nachhaltigen Landwirtschaft.

Während der Rückgang von Insekten insgesamt stetig voranzuschreiten scheint, gibt es Anzeichen dafür, dass Städte selbst seltenen Arten Rückzugsräume bieten können. Zudem profitieren sogar einige Generalisten von der Urbanisierung, indem sie Gärten, Grünanlagen und Altbaumbestände als geeignete Ersatzlebensräume annehmen und dort zum Teil höhere Dichten erreichen als in der freien Landschaft mit intensiver Landwirtschaft, ausgeräumten Fluren und wenigen Kultursorten. Das scheint im ersten Moment überraschend, denn geeignete Habitate im urbanen Raum sind häufig eher klein, fragmentiert und isoliert oder nur kurzzeitig vorhanden. Jedoch bewohnen Arthropoden auch in der Natur oftmals Lebensräume, die voneinander deutlich isoliert sind, was von uns aber kaum wahrgenommen wird. Wie artenreich dabei selbst die kleinsten Naturräume im engen Umfeld unserer Wohnungen sind (z.B. Gärten mit reich blühenden Pflanzen), ist den wenigsten bewusst und auch wenig untersucht.

2017 wurde in Kooperation mit dem Gartenbaumt der Stadt Karlsruhe eine Untersuchung zur Vielfalt von Pflanzen und Bestäubern (Wildbienen und Schwebfliegen) auf unterschiedlich gemanagten städtischen Grünflächen durch das Naturkundemuseum Karlsruhe begonnen. Aus einem 15 Jahre alten Gutachten war bekannt, dass sich auf nur wenigen Standorten in der Stadt Karlsruhe mit einem vergleichsweise geringen Aufwand von jeweils vier Fangterminen über 130 der etwa 460 in Baden-Württemberg vorkommenden Wildbienen nachweisen ließen. Diese selbst für Entomologen überraschende Zahl war Anlass noch einmal nachzuschauen, wie es heute um die Artenvielfalt auf diesen Flächen bestellt ist und inwieweit sich die Pflegeintensität auf die Artengemeinschaften dieser Grünflächen auswirkt. Um die gewonnenen ersten Erkenntnisse auch auf andere wichtige Arthropodengruppen innerhalb der Wiesengemeinschaften auszuweiten und herauszufinden, welche Mechanismen städtische Biodiversität bedingen, werden die Untersuchungen nun an Spinnen, Käfern und Heuschrecken über zwei weitere Jahre fortgesetzt.

Die Ergebnisse der Untersuchungen: Arteninventarlisten und Publikationen werden hier in Zukunft nach und nach präsentiert und aktualisiert.